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Das unperfekteste Weihnachtsfest aller Zeiten?

Wo würdest Du Dich genau jetzt zu diesem Zeitpunkt des Lesens einordnen auf einer Bandbreite von einem vorweihnachtlichen „Süßer die Glocken nie klingen“ bis einem verzweifelt ausgerufenem „Heiliger Bimbam verflixt und zugenäht“, von einem selig gesungenen „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ bis hin zu „von himmelhochjauchzend zu Tode betrübt“? Wahrscheinlich würden wir beide uns irgendwo dort, zwischen den Extremen, schon finden, was meinst Du? 

 

Dieses Jahr „2020“ will es aber auch wirklich von uns wissen. Und eigentlich hätten wir es uns auch fast schon denken können, so ein Jahr kann gar nicht in Glückseligkeit zu Ende gehen. Zu sehr hat es uns so viel abverlangt, sodass es sich schon irgendwie auch nach logischer Schlussfolgerung anhört und anfühlt. In diesem Jahr ist alles anders und wenn wir uns so wie immer verhalten würden, wäre es absolut unstimmig zu den derzeitigen Begebenheiten. Wir Menschen sind lern- und anpassungsfähig, dies ist uns in der bisherigen Entwicklungsgeschichte der Menschheit immer wieder zugute gekommen. 

 

Das letzte Jahr endete mit einem glamourösen und tösenden Abschluss, dieses Jahr nicht. Das ist Fakt, egal von welchem Standpunkt aus Du dies betrachtest. Und wenn es alles nicht so traurig wäre, könnte man dem Ganzen fast schon was Komödiantisches abgewinnen. Aber wem ist derzeit schon zu Lachen zumute. 

 

Nächste Woche ist Weihnachten. Vielleicht bist Du gut organisiert und hast die Vorbereitung für das Fest der Feste bereits abgeschlossen. Dann könnten Dir, wenn schon keine euphorischen, so doch zumindest entspannte Tage bis dahin bevorstehen. Solltest Du eher zu denen gehören, die bislang zwar knapp, aber immer „just in time“ geplant, organisiert und umgesetzt haben, dann könnte es dieses mal etwas schwieriger werden. Da kann Dir aber trotzdem ein wenig Kreativität und Erfindungsgeist weiterhelfen. Also mach Dir keinen Kopf, sondern mach einfach was Gutes aus dem, wie es jetzt ist. Als Eltern musst Du das ja sowieso fast jeden Tag.

 

Heute möchte ich gerne auf zwei Punkte eingehen. Das eine ist der Umgang mit Perfektion, das andere, dass gerade Weihnachten immer auch eine tröstende Botschaft innewohnt, die uns in diesem Jahr vielleicht besonders weiterhelfen könnte. 

 

Fangen wir also bei Punkt eins, dem Umgang mit Perfektion, an. In den letzten 20 Jahren, in denen ich im Bereich der systemischen Familientherapie, Erziehungs-, und Elternberatung tätig bin, hat sich ein Thema besonders bei Müttern unglaublich hartnäckig gehalten: das Streben nach Perfektion. Natürlich wollen wir alle ständig Verbesserungen, uns nicht mit den Begebenheiten zufrieden zu stellen, das ist in unserer Menschheitsgeschichte und folglich in jedem von uns auch so verankert. Ein Kind gibt sich ja auch nicht mit Krabbeln zufrieden, sondern erlernt wie von Zauberhand das Laufen, später das Rennen. Wir Erwachsene wollen uns als Person weiterentwickeln, unsere Arbeit bestmöglich erledigen, unseren Wissensstand ausweiten, neue Länder entdecken, unsere Kinder auf einen möglichst guten Weg mitnehmen. Streben nach einem besseren Zustand, ist also an sich nichts Verwerfliches und bildet sogar die Basis des humanistischen Menschenbildes. Darüber hinaus verschafft es uns einfach ein unglaublich tolles Gefühl durch einen Ausstoß an Glückshormonen, wenn wir Ziele erreichen, unsere Ideen umsetzen, Idealbilder Wirklichkeit werden lassen. Das ist toll, das macht Spaß, das macht uns stolz auf uns selbst. 

 

Ungut wird es nur, wenn wir dieses Prinzip auf alle unsere Lebensbereiche anwenden. Und genau dem unterliegen wir nur allzu oft. Diesem Streben nach einem Bilderbuchleben. Die herrlichen Bilder der sozialen Medien lassen grüßen. Alles unter einen Hut kriegen. Homeschooling, Homeoffice, aufgeräumtes Zuhause, glückliche schöne gesunde und fitte Familienmitglieder. Das hätten wir selbstverständlich alle gerne am Liebsten. Und es gibt Minuten, da kommt auch mehr oder weniger viel Perfektionsglanz in unserem Leben auch zum Erstrahlen - das tut gut und verleiht uns ein unglaublich tolles Kompetenzgefühl. Nur ist es eben vergänglich und wenn wir es zum Bleiben zwingen wollen, wird es mit der Zeit anstrengend. Da kann einem im Leben schon mal die Puste ausgehen und ein Burnout an die Tür klopfen. 

 

Vielleicht ist Weihnachten 2020 auch eine Einladung an uns, sich auf neue Erfahrungen einzulassen. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dieses Weihnachten alles andere als perfekt werden. Der einen Familie fehlt das ein oder andere Geschenke unterm Weihnachtsbaum, weil der Lockdown uns einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, der anderen Familie fehlt Gesundheit. Mit Sicherheit werden uns allen geliebte Mensch fehlen, mit denen wir letztes Jahr noch gefeiert haben. Machen wir uns nichts vor, Weihnachten 2020 wird nicht perfekt. Auch wenn wir uns noch so sehr anstrengen, dieses Jahr wird es lückenhaft bleiben. Und wir dürfen lernen, unser menschliches Begrenztsein zu akzeptieren. 

 

Was war nochmal der Grund, warum wir überhaupt Weihnachten feiern? Also ich meine im ganz ursprünglichen Sinn... Jesus, Gottes Sohn, ist geboren worden. In einem Stall! Sicherlich alles andere als perfekt und das war schätzungsweise gänzlich gegen Marias und Josefs Vorstellung… Und trotzdem war das ein so weitreichendes Ereignis, dass nach 2000 Jahren immer noch die ganze Welt Weihnachten feiert. Vielleicht liegt in diesem Spannungsbogen ja auch etwas Tröstliches. Vielleicht ist es ja auch etwas sehr Menschliches, zu streben, zu arrangieren, zu tun – und etwas Göttliches, einfach „zu sein“. Einfach da zu sein. Einfach sein zu dürfen. So wie Du bist. Und wie Du vielleicht sogar genau so gemeint bist, ganz unabhängig von Deinem menschlichen Agieren nach allen Seiten. Einfach sein zu dürfen und einfach da sein zu dürfen. Für Dich selbst. Und für Deinen Nächsten. Einfach da zu sein für Dein Kind, wenn es Dich braucht. Einfach da zu sein und mehr zuzuhören als nach Lösungen zu suchen. Einfach im Moment zu verweilen als mit den Gedanken schon wieder mehrere Schritte voraus zu sein. Vielleicht ist genau jetzt ein richtiger Zeitpunkt dafür, mal zeitweise vom Handeln- in den Sein-Modus zu schalten. Einfach sein zu dürfen und dankbar dafür zu sein, dass Dir Dein Leben geschenkt wurde. Einfach so und ohne Dein Zutun. Und dass in jedem von uns über das Menschliche hinaus auch ein göttlicher Funke in uns steckt. 

 

Wie auch immer Du Dein Weihnachten 2020 feierst, ich wünsche Dir das beste Fest, das Du unter all diesen Umständen haben kannst. Und wie Du auch immer feiern wirst und wie viele Geschenke auch immer unter dem Weihnachtsbaum letztlich liegen werden, vergiss nicht: Du bist das größte Geschenk für Deine Lieben!

 

Herzliche Grüße und alles Liebe,

Deine Corinna 

 

P.S.: Auch dieses Blog geht in eine kleine Winterpause und wird im neuen Jahr am 08. Januar 2021 wieder starten. Bis dahin wünsche ich Dir eine gute Zeit, bleib gesund und ich freue mich so sehr, dass Du und ich über diese Artikel zusammengefunden haben! Und wenn Du jemanden kennst, dem meine Gedanken hilfreich sein könnten, dann lass es ihn oder sie wissen, dass es diese Artikel jeden Freitag gibt - das wäre Dein größtes Geschenk an mich!

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Kommentare: 2
  • #1

    Susanne (Freitag, 18 Dezember 2020 14:51)

    Die Hoffnung ist das, was man braucht,
    um in der Realität nicht unterzugehen.

    Liebe Corinna,

    ein sehr schöner Artikel, der auch deutlich beschreibt, was der Ursprung des Weihnachtsfestes ist.. Weihnachten wird sicher nicht perfekt, aber dieses Jahr haben wir außerhalb des ganzen Konsumrausches, einfach mal Zeit darüber nachzudenken, warum Corona unser Leben deutlich eingeschränkt hat. Schön, das Du mit Deinen Artikeln unser Leben bereicherst und soviel positives vermittelst.

    Habt trotz allem eine schöne Zeit, GLG, Susanne

  • #2

    Maria (Freitag, 18 Dezember 2020 19:09)

    Den Gedanken von Susanne kann ich mich voll und ganz anschließen. Deine Beiträge sind stets wohl durchdacht, und du verstehst es wunderbar, den Lesern/innen immer auch viel Positives für den Alltag mitzuteilen. Danke