Genussvoll am Familientisch

„Probier´ doch wenigstens mal“… „bleib doch bitte sitzen“… „hör endlich auf, so auf dem Teller rauszustochern“… „doch, das kann man essen, schau ich zeig es dir“… „das wird aber noch aufgegessen“… 

 

So oder so ähnlich geht es manchmal am Familientisch zu und vielleicht erkennst Du Dich ja sogar gerade in der ein oder anderen Formulierung wieder. Zugegeben, als Vierfach-Mama weiß ich, dass es nicht immer ein Hochgenuss ist, mit Kindern gemeinsame Mahlzeiten einzunehmen. Da wird gemäkelt, aussortiert, gekleckert, verschüttet, dazwischengeredet, ermahnt - der ganz normale Alltag lässt grüßen!

 

Denn oft wollen wir Eltern nicht nur, dass die Kinder satt sind, damit nach einer Hauptmahlzeit nicht gleich noch im Anschluss eine extrariesengroße Portion Nachtisch zum Sattessen von den Kindern verlangt wird, sondern dass sie gesunde Lebensmittel zu sich nehmen, die auch genügend Nährstoffe enthalten und so zur gesunden Entwicklung unseres Nachwuchses beitragen.

 

Darüber hinaus sollen Kinder selbstverständlich auch lernen, wie man in Gemeinschaft isst, welche Tischkultur elterlicherseits von ihnen erwartet wird und welche Gesprächsregeln bei Tisch wichtig sind. 

 

All das darf und sollte auch sein. Doch gar nicht so selten vergessen wir bei all unseren Bemühungen einen ganz wesentlichen Teil: unser Essen und Trinken sowie unser gemeinsames Beisammen sein zu genießen und genussvoll miteinander zu teilen! Und das ist oft der weniger anstrengendere, weil freudigere Part, und führt auf Dauer mindestens genauso gut zum Ziel!

 

Die alten Griechen wussten es bereits, dass Essen und Trinken Leib und Seele zusammenhält. Als systemische Familientherapeutin würde ich noch gerne „… und auch die Gemeinschaft“ hinzufügen. Wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen daher ein immer wiederkehrendes Gemeinschaftsgefühl so dringend wie die Luft zum Atmen – und gemeinsame Mahlzeiten kommen da doch wie gerufen! Aber nur, wenn wir auf Dauer auch ein gutes Gefühl damit verbinden! Das geht uns Erwachsenen genauso wie unseren Kindern. 

 

Wie wäre es daher, wenn Ihr aus einer Eurer nächsten Familienmahlzeiten einfach eine kleine Alltagspause macht? Oder vielleicht sogar ein klitzekleines Fest, das Ihr gemeinsam miteinander vorbereitet und es Ihr Euch dabei einfach miteinander gutgehen lasst. Einfach mal so, mitten am Tag, weil Ihr Euch im familiären Miteinander so wichtig seid? Dabei kann auch ein schön gedeckter Tisch für eine gute Atmosphäre sorgen und auch folgende Fragen können dabei helfen: „Wer deckt den Tisch? Wer holt die Getränke? Wer hilft in der Küche? Wer möchte ein passendes Gedicht beisteuern, einen kurzen Segensspruch oder ein Gebet?“ 

 

Wofür Ihr Euch auch entscheidet, eines der wichtigsten Ziele sollte immer eine entspannte Tischatmosphäre sein, in der jedes Familienmitglied, ob groß oder noch ganz klein, gleich wichtig ist. Und ja, manchmal auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Ess-Vorlieben hat, auf die es zu achten gilt und die ernst genommen werden dürfen! Ein Kind sollte immer auch „Nein“ sagen dürfen, sonst beraubst Du es der wichtigen kindlichen Erfahrung, aus sich selbst heraus mutig etwas zu probieren. Denn ja, es kostet durchaus Überwindung, einen Probierhappen von etwas zu nehmen! 

 

Du kannst allerdings Deinem Kind dabei helfen, indem Ihr einfach wieder einmal alle (!) Eure Sinne mit einbezieht: wenn Dein Kind etwas nicht schmecken will, vielleicht könnt Ihr Euch darüber austauschen, wie das Aussehen (Farbe, Form, Größe,…) ist, wie es sich anhört, wenn Du mal reinbeißt oder darauf kaust oder vielleicht mag Dein Kind auch bei der Essens-Vorbereitung helfen (und es auf diese Weise erst einmal mit den Händen berühren). Und woran erinnert Euch das Essen, wenn Ihr dran riecht

 

Wenn Ihr in der Familie immer mal wieder auf diese spielerische Art und Weise auf Entdeckungstour geht (in veränderter Form geht das z.B. auch beim Einkaufen), vergrößerst Du das Interesse und die Neugierde Deines Kindes – und vielleicht geht es dann auch den nächsten Schritt und möchte dann auch mal kosten. Wichtig dabei ist: bewerte Dein Kind nicht dabei, sondern sieh´ Dich eher als Wegbegleiter und Freudenteiler, wenn Ihr Schritt für Schritt all Eure Sinne (wieder) entdeckt! In der Erlebnispädagogik sind das übrigens sog. „KIM-Spiele“.

 

Und wenn Du schon etwas größere Kinder hast und sie gar nicht so viel Wert auf ein „genussvoll am Familientisch“ legen? Dann werde erfinderisch oder sprich doch einfach mal mit ihnen darüber: vielleicht wollen sie nach langer Zeit mal wieder ihr Lieblingsgericht essen oder es wird ein gemeinsames Abendessen beim Lieblings-Italiener um die Ecke draus oder ein gemeinsames Picknick bei einem Eurer nächsten Ausflüge – im Beisein mit einer befreundeten Familie. Und jeder darf einen Wunsch äußern, was er dorthin gerne mitnehmen möchte und bereitet es vielleicht sogar selbst davor zu! 

 

Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Spaß beim Finden vieler kleiner, freudiger Genussmomente. Und die gibt es, jeden Tag zuhauf sogar, versprochen!

 

Herzliche Grüße,

Deine Corinna 

 

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