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Entscheidungsfreudig?

… oder warum es unmöglich ist, sich nicht zu entscheiden…

 

Karneval und Aschermittwoch liegen bereits hinter und eine lange Fastenzeit bis Ostern vor uns. Ob Fasten in einer sowieso schon vorhandenen Zeit des Verzichts trotzdem gewinnbringend sein kann, darfst Du gerne selbst für Dich entscheiden. 

 

Entscheidungen treffen ist ja nicht immer einfach. Und „die richtige“ Entscheidung zu treffen schon gleich gar nicht. Dennoch werden jeden Tag dutzende Male kleine und größere Entscheidungen von uns abverlangt und wir treffen diese manchmal intuitiv, manchmal situativ, manchmal gut durchdacht, manchmal strategisch... und manchmal haben wir das Gefühl, dass wir gerade überhaupt nicht in der Lage sind, eine Entscheidung zu treffen. Und obwohl wir dies nicht immer gleich auf den ersten Blick erkennen können, sprechen für unsere manchmal doch recht unterschiedlichen Vorgehensweisen immer gute Gründe. 

 

Die meisten Entscheidungen treffen wir Eltern im Familien- Alltag meist mal so flott nebenbei, denn es sind ja in aller Regel viele Dinge, die entschieden werden müssen. Wer den Tisch heute Abend deckt, was es zu Essen gibt oder ob noch die zweite Gute-Nacht-Geschichte gelesen wird. Doch auch wenn solche Entscheidungen noch so klein und scheinbar unbedeutend sind, so erfordern sie doch unsere Aufmerksamkeit. Und dieses permanente und gar nicht so selten sofortige entscheiden-müssen, kann uns auf Dauer und manchmal sogar im Verlauf eines einzigen Tages doch ganz schön ermüden.

 

Unsere Kinder haben übrigens extrem gute Antennen dafür, ob wir bei unseren alltäglichen Entscheidungen nur physisch oder auch geistig präsent sind. Bestimmt ist Dir das auch schon öfter aufgefallen, dass sie diese kritischen Fragen bzgl. Fernsehen, Süßigkeiten usw. genau dann stellen, wenn sie spüren, dass Du gerade in Gedanken mit etwas anderem beschäftigt bist. Und wie schnell sagst Du dann ganz spontan „ja“, nur weil Du vielleicht nicht richtig zugehört hast? Oder wie schnell sagst Du auch ganz spontan „nein“, nur um nach dem x-ten Mal nachfragen Deines Kindes schlussendlich doch in ein genervtes „ja“ überzugehen („ok, aber nur…“ oder „ausnahmsweise…“)? Das sind alles Alltagsphänomene, von denen sich erstaunlicherweise keine*r von uns Eltern ganz freisprechen kann.

 

Hast Du Dich eigentlich schon mal gefragt, welche Bedingungen Du brauchst, um eine gute Entscheidung treffen zu können? Entscheidungen in stressigen Situationen oder in emotionalen Zuständen wie Angst oder Unsicherheit sind langfristig gesehen und auch im Nachhinein nicht immer die allerbesten. Das kennst Du bestimmt und wenn Du so drüber nachdenkst, fallen Dir sicherlich einige Entscheidungen von unterschiedlicher Tragweite ein, die Du anders hättest treffen können. 

 

Aber das, was bis in genau diesen heutigen Moment hinein stattgefunden hat, kannst Du ja nicht mehr ändern, also solltest Du jetzt auch nicht die strenge Richterin Dir selbst gegenüber sein oder mit Deinen Entscheidungskünsten hadern. Das bringt nichts, außer dass es Dir genau die Energie raubt, die Du ja für den aktuellen Zeitpunkt und die ab jetzt vor Dir liegende Zeit gut brauchen kannst.

 

Wann treffen wir also gute Entscheidungen? Genau genommen wissen wir das meist erst im Nachhinein, wenn wir sehen, welche Auswirkungen unsere Entscheidung hatte. Aber wir können die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit einer Entscheidung die Weichen richtigstellen und mit dieser auch später zufrieden oder sogar auch glücklich sind, bereits im Vorhinein deutlich erhöhen.

 

Gute Entscheidungen treffen wir, wenn wir Ruhe haben nachzudenken und in einem entspannten Zustand sind. Dann laufen wir nämlich nicht Gefahr, uns von einem situativen Gefühl leiten zu lassen, das sich ja jederzeit auch wieder ändern kann. Außerdem haben wir im Alltagstrubel so viele Ablenkungsreize im Außen und einen zeitweiligen Affenzirkus im Kopf, dass wir Gedanken oft nur anreißen und gar nicht zu Ende denken. Wenn wir hingegen in Ruhe sind, können wir viel eher wieder in Kontakt mit uns selbst und unseren eigentlichen Bedürfnissen, Wünschen, Ideen und Zielen kommen.

 

Eine Möglichkeit, die Anzahl von „zwingend-dringenden“ Entscheidungen im Familienalltag zu reduzieren, ist es übrigens, Routinen aufzubauen: feste Familienregeln, die nicht ständig neu diskutiert werden müssen und die allen Familienmitgliedern als Orientierung dienen. Wenn ein Kind weiß, dass es beispielsweise Süßigkeiten nur zu einer bestimmten Zeit (z.B. als Nachtisch) gibt, wird es sich auf Dauer nicht die Mühe machen, ständig zu quengeln. Wenn wir Entscheidungen dieser Art im Vorhinein treffen, brauchen wir in der Situation selbst nicht immer neu zu verhandeln. „Klarheit schafft Harmonie“ würde Sabine Asgodom, Management-Trainerin und Autorin, sagen. Die Entscheidung liegt natürlich wiederum ganz bei Dir, ob Ihr dies als Eltern-Paar festlegt oder so etwas im Familienrat gemeinsam entscheiden wollt.

 

Und nicht nur die Entscheidung selbst liegt immer bei Dir, sondern auch die Freiheit Dich selbst entscheiden zu dürfen. Ich schreibe bewusst Freiheit und nicht Zwang, denn im Alltag verwechseln wir das manchmal. Du unterliegst nämlich niemals einem Entscheidungszwang, auch wenn es sich für Dich vielleicht manchmal so anfühlt. Es ist unsere Freiheit, uns wie auch immer zu entscheiden – oder eben vielleicht auch gerade keine Entscheidung zu treffen… auch das IST eine Entscheidung. Dies ist der Grund, warum es nämlich unmöglich ist, sich nicht zu entscheiden.  

 

Zugegeben, manchmal ist das Leben schneller und minimiert Deine Entscheidungsoptionen ungemein. Aber auch dann hast Du immer die Wahl und somit die Entscheidungsfreiheit, wie Du auf das reagieren willst, was (Dir) passiert ist. Wie willst Du damit umgehen? Für welche Sichtweise entscheidest Du Dich?  

 

Und egal, wie Du Dich jeweils entscheidest: es ist einfach so, dass alles immer Auswirkungen hat. Die Frage ist ja immer nur, welche negativen Auswirkungen bist Du bereit für die positiven zu tragen? Denn letztlich geht es immer nur darum, dass wir mit unseren Entscheidungen einen guten Gefühlszustand für uns anstreben wollen. Also frag Dich doch einfach mal bei der nächsten Entscheidung: Wohin soll die Reise gehen, welches Gefühl strebe ich an? Und wie müsste ich mich entscheiden, damit ich das Gefühl haben kann, das ich haben möchte? 

 

Und dann geh los und probiere aus. Ganz sicher wirst Du auch in Zukunft immer mal wieder Fehlentscheidungen treffen - na und? Was kann schon passieren? In den meisten Fällen kannst Du Deine Entscheidung doch jederzeit korrigieren und dies als Feedback-Schleife für Dich nutzen. Wenn das mal keine Riesenchance ist, Dich in Deiner Persönlichkeit weiterzuentwickeln! Ich wünsche Dir jedenfalls viel Entdeckungsfreude dabei!

 

Herzliche Grüße und hab ein schönes Wochenende,

Corinna

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Katharina (Freitag, 19 Februar 2021 17:38)

    Liebe Corinna, danke für diesen tollen Artikel. In dieser Woche habe ich viele schnelle Entscheidungen getroffen, die sehr emotional behaftet waren. Im Nachhinein bestimmt nicht immer die Besten, aber sie sind nun mal getroffen und ich hoffe beim nächsten Mal etwas entspannter zu sein.

  • #2

    Iris (Samstag, 20 Februar 2021 12:05)

    Wieder einmal ein sehr schöner Artikel mit sehr viel Liebe ins Detail!
    Ich freue mich jeden Freitag darauf!