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Über die Kraft des kleinen Wörtchens "trotzdem"

Es ist der 16.4.2020, Donnerstag nach dem Osterfest. Nur so zur Orientierung, falls es Dir wie mir geht und Du immer wieder überlegen musst, was heute eigentlich für ein Wochentag ist. Und wenn wir nicht wüssten, dass wir noch immer im Ausnahmemodus sind, könnte man fast den Eindruck haben, als seien Ferien. Witzigerweise ist es ja auch so, auch wenn es sich nicht danach anfühlt. Oder vielleicht doch – so ein ganz kleines bisschen vielleicht. 

 

 

Hast Du Ostern gut verbracht? Hast Du Dir mit Deiner Familie ein paar schöne Tage gemacht und trotzdem ein wenig gefeiert? „Trotzdem“ … ich bin eine begeisterte Anhängerin von diesem Wort. Trotz allem. Trotz der Umstände. Dennoch. … 

 

Warum mag ich dieses Wort so unglaublich gerne und warum möchte ich Dir die Botschaft dieses Wortes heute so ans Herz legen? 

    

Spüre diesem „trotzdem“ doch mal ein wenig nach. Sag es einfach ein paarmal still in Gedanken oder mit lauter Stimme (wenn Du mutig genug bist oder wenn Du alleine bist… nicht dass Dein Gegenüber denkt, dass Du langsam ein wenig seltsam wirst 😉) vor Dich hin und lass Dir das Wort auf der Zunge vergehen. Lass mal Deine Gedanken schweifen, welche Assoziationen Du damit hast und achte mal darauf, welche Gefühle es bei Dir auslöst. 

 

Für mich ist es ein unwahrscheinlich kraftvolles Wort. Da ist Power drin. Lebensgeist. Wille, sich von Umständen nicht unterkriegen zu lassen. Zur Not für sich und seine Belange einzustehen. Durchzusetzen. Wie oft ist es Dir schon im Leben so gegangen, dass Du Dinge trotzdem gemacht hast. Dir ist es trotzdem gelungen. Du bist so lange dran geblieben oder hast Deine Kreativität eingesetzt und dann hat es "trotzdem" geklappt. Das wäre dann sowas wie Doppel-Stolz, Doppel-Freude, Doppel-Anstrengung. Du hast etwas umgesetzt oder erreicht. Und nicht nur das, sondern trotz Widerstände. 

 

Du hast Ostern gefeiert, obwohl uns irgendwie nicht nach Feiern zu Mute ist, obwohl wir nicht verreisen durften, obwohl wir unsere Liebsten nicht sehen konnten, obwohl wir auch irgendwo in uns ein wenig Trauer verspürt haben, obwohl… trotzdem hast Du Ostern gestaltet. Und warum? Weil es Dir Deine Wichtigkeit zeigt. Weil es für Dich vielleicht Tradition ist, gewisse Rituale durchzuführen, weil Du vielleicht an Gott glaubst und Deinen Glauben leben willst – auch wenn wir dazu nicht in die Kirche gehen konnten, weil es für Dich vielleicht einfach schön ist, mit Kindern jahreszeitlich passend zu basteln und zu singen, … Es gibt viele Gründe, Du weißt schon, welche es Dir ermöglicht haben „trotzdem“ Ostern zu feiern. 

 

Und jetzt noch was zum Schluss, wenn Du gerade ein Kleinkind hast, das in der sogenannten „Trotzphase“ oder besser gesagt „Individuationsphase“ ist. Es ist die Zeit der Entwicklung, wenn ein Kind feststellt, dass es mit einem „Nein“ unglaublich viel bewirken kann. Die Zeit, in der ein Kind das Bewusstsein erlangt, dass es ein eigenständiger Mensch ist, in der es sich aus dem Symbiosegefühl mit der Umwelt löst. Ja, für uns Mütter und auch für Dein Kind ist diese Entwicklungsphase teilweise wahnsinnig anstrengend. Da sind wir hin und wieder in unserer eigenen Emotionalität so richtig gefordert. Aber vielleicht gelingt es Dir in der nächsten kritischen Situation mit Deinem Kind mal ganz anders zu reagieren. Denn die meisten Mütter in meiner Praxis können mir nämlich oft ganz genau über das „Drehbuch“ einer solchen Situation berichten. Also, nächstes Mal zurücklehnen, tief ein und ausatmen und einfach mal diese unglaublich lebendige, positive und wichtige Kraft in Deinem Kind anerkennen. Denn genau die wird es sein, die Deinem Kind später helfen wird, trotzdem seinen Weg zu gehen. Das wäre dann das Thema „Resilienz" (die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu meistern und aus diesen gestärkt hervorzugehen). Wir müssen diese Kraft also nur in gute Bahnen lenken.

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